Somatic Experiencing (SE)

Peter Levine, der Begründer von SE, ist vor fast 35 Jahren in seinen Forschungen der Frage nachgegangen, warum Tiere in freier Wildbahn so gut wie nie traumatisiert werden, obwohl sie ständig Gefahren ausgesetzt sind, und konnte folgende Beobachtung machen: Ein Beutetier das gejagt wird, flüchtet zu allererst. Erst wenn der Jagende die Beute erreicht hat, unmittelbar vor dessen herannahendem Tod, fällt das Tier in eine Art Erstarrung, die dem Tier einen Bewusstseinszustand beschert, der es schmerzfrei macht.

Die unwillkürlichen, instinktiven Areale des menschlichen Gehirns sind ident mit den betreffenden Arealen bei Säugetieren und Reptilien (Stammhirn, auch Reptilienhirn genannt): Im Unterschied zum Menschen führt das Tier - nachdem die Gefahr vorüber ist - „automatisch“ das Abklingen der hohen Erregung herbei, in dem es zittert und sich schüttelt. Bei den Menschen wird diese natürliche Reaktion des Organismus durch die Einmischung unseres Bewusstseins unterbrochen und es kommt zu Erstarrung und Abspeicherung der Überladung im Nervensystem. Deshalb kann es manchmal zu keinem positiven Abschluss der Traumareaktion kommen.

In Situationen (wie z.B. ein dem Traumakontext ähnliches Ereignis, ein Schreck, etc.) kann ein traumatisches Ereignis wieder ausgelöst werden. Der Organismus reagiert infolge weiterhin auf die Bedrohung aus der Vergangenheit. Die Reaktionsweisen und Verhaltensmuster und Überzeugungen der Gegenwart sind noch oft mit den erschreckenden Erfahrungen der Vergangenheit gekoppelt.

Bei der Aufarbeitung von Trauma und Schock muss deshalb die körperliche Reaktion auf das verursachende Ereignis als ein eigenes Phänomen verstanden und beachtet werden. SE unterstützt den Organismus dabei, diesen unvollständigen Prozess behutsam zu Ende zu bringen und neu zu verhandeln. Dadurch gelingt es dem Menschen die biologischen Prozesse schrittweise und langsam zu vervollständigen, und wieder Zugang zu finden zu seinen angeborenen, lebenswichtigen Reaktionsmöglichkeiten.

Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Wiederherstellung der Fähigkeit zur Selbstregulierung. Dieser Vorgang der Integration von Anteilen, die uns bislang nicht konstruktiv zur Verfügung stehen konnten, geschieht behutsam und langsam durch in Kontakt treten mit in unserem Körper und im verankerten Ressourcen und Kompetenzen.